Augenzeugenbericht einer Luftschutzhelferin.

 

von Gretl Bьttner, LS Berichterin der ÷rtlichen LS-Leitung.

 

Ich befand mich in der Nacht zum 14. Februar, als der erste Terrorangriff ьber Dresden hereinbrach, in meinem Krankenhaus. Ungefдhr eine halbe Stunde nach Einsetzen des Alarms wurden dort durch in der Nдhe heruntergegangene Sprengbomben Tьren und Fenster herausgerissen und in unglaublich kurzer Zeit stand ringsum alles in Flammen. Wir fьrchteten damals, daя auch das Krankenhaus anfangen wьrde zu brennen. Da es sehr schnell keine telefonische Verbindung mehr gab, lieя ich mir von einer Krankenschwester ein Regencape geben, da sich um diese Zeit gerade einer jener Wolkenbrьche entlud, die hдufig an ausgedehnten Brandstellen eintreten, und machte mich sofort nach der Entwarnung auf den Weg zur Befehlsstelle der цrtlichen Luftschutzleitung, ursprьnglich in dem Gedanken, dort Hilfe zu holen, um ein №bergreifen des Brandes auf das Krankenhaus zu verhindern.

 

Fьr diesen Weg zum Bunker, fьr den ich normalerweise 10 Minuten gebraucht hдtte, brauchte ich diesmal fast eine Stunde. №berall waren die Straяen durch heruntergestьrzte, brennende Trьmmer versperrt. Der nдchste Weg zur Befehlsstelle, war ein einziges Flammenmeer. Ein Durchkommen war, da ich weder eine Gasmaske noch einen Stahlhelm bei mir hatte, wegen der herrschenden Hitze, des dichten Funkenregens und der dauernd herunterprasselnden glьhenden Steine und Holzteile unmцglich.

 

Irgendwo fand ich ein Tuch, das ich mit Wasser trдnkte und mir um den Kopf band. Dann machte ich noch einen Versuch, den Bunker zu erreichen. Auch das war ausgeschlossen. Ich suchte den Weg zur Befehlsstelle lдngst nicht mehr aus dem Grunde, Hilfe fьr das Krankenhaus zu holen. Daя es keinerlei Hoffnung geben konnte, hatte mir das Bild der verwьsteten Innenstadt bereits gezeigt.

 

Ich begann fьr meine Kameraden zu fьrchten, die dem Anblick nach, der sich mir geboten hatte, mitten in den Brдnden eingeschlossen sein muяten. Es war also unter jeder Bedingung der Versuch zu machen, sie zu erreichen. Schlieяlich habe ich mir dann doch einen Weg gesucht und den Versuch gemacht, irgendwie mein Ziel zu erreichen. Das erste Stьck war gut passierbar. Dann kamen auch hier die Schwierigkeiten.

 

Hinderlich war weniger die herrschende Feuer-Hitze, die noch zu ertragen war, als das Versperrtsein der Straяen durch glьhende Trьmmer. Dort traf ich einen Mann (ьbrigens der einzige Mensch, dem ich auf diesem Weg begegnet bin), ihn fragte ich, ob ich wohl auf diesem Wege zum Rathaus kommen wьrde. Sehen konnte man ja ьberhaupt nichts. Man lief immer nur durch einen dichten Schleier von Rauch und Funken. Dieser Mensch sagte mir, daя das Rathaus brenne.

 

Einen Weg, um dorthin zu kommen, konnte er mir auch nicht weisen. Ich lief weiter. Bisher ging alles gut. Dann bot sich aber schon ein derart verдndertes Bild, daя ich mir ьberlegen muяte, wo ich ьberhaupt war. Trьmmer, nichts als Trьmmer. Dauernd fiel ich ьber die herunterhдngendeu Oberleitungen der Straяenbahn. Rauch und Funken machten fast blind. Die Fьяe schmerzten durch das dauernde Umknicken und Stьrzen und die Holzsohlen meiner Schuhe hatte ich lдngst verloren. Auяerdem wurde es immer heiяer.

 

Dann Ч endlich kam ich in die Nдhe des Rathauses. Auch hier brannte alles. Flammen leckten am Rathausturm empor Ч ein Bild, als sei dort oben eine riesige Lichtreklame angezьndet. Auch die umliegenden Hдuser brannten. Man sah nur Feuer Ч wohin man sich auch wandte. Ich weiя noch, daя ich dann einige Minuten auf demselben Fleck stehengeblieben bin und mir ьberlegte, wie ich nun wohl weiterkommen sollte.

 

Hдuser stьrzten, glьhende Balken prasselten herunter. Hitze und Feuerschein machten schwindelig. Zurьck konnte ich nicht mehr, da auch dieser Weg inzwischen versperrt war. Also vorwдrts: dieses Mal wirklich durch atemraubende Glut. Ich muяte den noch freien, spдter verschьtteten Eingang von der anderen Seite aus benutzen, der bereits im Bereich der vom Wind herьbergetriebenen Flammenwolken der gegenьberstehenden brennenden Hдuser lag und selbst bereits stark brannte. Dann war es geschafft.

 

Wenige Minuten nachdem ich vцllig schwarz vom Aschenstaub in der Befehlsstelle angekommen war, gab der General bekannt, daя der Bunker zur Zeit nicht mehr verlassen werden kцnne, da die Ausgдnge unpassierbar seien. Wir waren eingeschlossen im Flдchenbrand. №berall hockten in den Bunkergдngen Flьchtlinge mit ihren Bьndeln; Mьtter wiegten kleine Kinder auf dem Schoя, viele schliefen, den Mund vor Erschцpfung weit geцffnet. Die Temperatur in der Befehlsstelle stieg dauernd.

 

Gegen Morgen haben dann zuerst die Frauen und Mдdchen, spдter auch die Mдnner, den Bunker verlassen. №ber die brennende Straяe ging es zum nahen Platz, von dort zum BdO. Fьr manche der Mдdel ist das ein schwerer Weg gewesen. Das leichte Schuhzeug zerriя und hing ihnen zum Schluя in Petzen von den Fьяen. Die heiяen scharfkantigen Steine schmerzten; immer wieder stьrzte jemand und muяte mьhsam wieder auf die Beine gestellt werden. Leutnant Schneider und Leutnant Krause, die den Zug anfьhrten, hatten alle Hдnde voll zu tun, um ihre Schutzbefohlenen sicher zu geleiten. Ч Ich trennte mich dann von dem Zug, um ins Krankenhaus zurьckzukehren und meine Sachen dort abzuholen. Hier erfuhr ich dann, daя in der Nacht mein Elternhaus bis auf die Grundmauern niedergebrannt war.

 

Es kam der zweite Angriff. Er kostete sicherlich Zehntausenden von Menschen das Leben. Flдchenbrдnde ungeheuerlichsten Ausmaяes entstanden in kьrzester Zeit. Feuerstьrme von orkanartiger Gewalt durchrasten die betroffenen Stadtteile. Meldungen, daя dort und dort Menschen verschьttet oder zu Hunderten im Gebiet der Flдchenbrдnde eingeschlossen seien, hдuften sich. Trotz aller Bemьhungen von Seiten der verantwortlichen Fьhrung, die bedrohten Menschen noch rechtzeitig aus dem Flammenmeer herauszufьhren, hielt der Tod schaurige Ernte. Lange, lange Monate noch werden die Leichen der Gefallenen, oder besser das, was noch von ihnen ьbriggeblieben ist, geborgen werden mьssen.

 

Wenn man wдhrend der Angriffe einmal den Bunker durch den hinteren Ausgang verlieя und dann auf der kleinen Treppe stand, dann erschlossen sich in allem Grauen unvergleichliche Eindrьcke. Dumpf drцhnten die Einschlдge der Bomben in heftigster Hдufigkeit. №berall glьhte die taghelle Nacht von Brдnden. Auf der anderen Seite knisterten und brachen Balken und stьrzten in das wiederspiegelnde Wasser. Wie ein Bild aus der Hцlle erschien der lange Wochen noch glьhende Koks, der in den zerstцrten Hдusern uns gegenьber eingelagert gewesen war.

 

Die ganze Stadt, soweit man schauen konnte, lag im Feuerschein. Riesige Rauchpilze reckten sich hцher und hцher in den Himmel, magisch angestrahlt breiteten sie sich aus wie eine Decke. Und in dieser Angriffsnacht mischte sich in das Toben des Gewitters, in das Krachen der Bomben, in Blitzzucken und Feuerschein der Glockenschlag einer Kirche.

 

Vielleicht war das noch das Erschьtterndste, -

das Glockenlдuten inmitten des Untergangs.

Zurьck

 

Hosted by uCoz